Einleitung

Seit über 3000 Jahren sind Gärten von kulturhistorischer Bedeutung. Ob als Produktionsfläche für Obst und Gemüse oder als Ziergarten, in dem man lustwandeln kann. Immer ist der Garten nicht Natur, sondern gebaute Kultur gewesen. Der Garten wurde seit jeher von der Umgebung, von der natürlichen Landschaft abgegrenzt. Ein Zaun oder eine Hecke trennten ihn von der Wildnis, und machten ihn damit zu einem abgegrenzten und geheimen Ort. In etymologischem Zusammenhang stehen der indogermanische Wortstamm ghordho, für Hof oder Gehege, und das lateinische Wort hortus, für Garten. Eingehegt oder umzäunt sind die Begriffe, die das altpersische pairi-dae'-za bezeichnet. Es ist ein umzäunter Park oder der königliche Lustgarten, der nicht für jedermann zugänglich ist und angesichts der Wüstenlandschaften Persiens, einen Ort mit allen möglichen Genüssen und Freuden darstellt, eben das, was unter Paradies verstanden wird. Im Alten Testament wird diese Thematik im Schöpfungsbericht aufgegriffen, der den Garten Eden als Ort der Unsterblichkeit, des ewigen Lebens, beschreibt. Mit der Vertreibung des Menschen aus dem Paradies begann die Sehnsucht nach dem Verlorengegangenen. Jeder Garten symbolisiert diese Sehnsucht und die Suche nach der scheinbar verschwundenen Ordnung der Natur. 1

Die Gärten unterlagen in ihrer Gestaltung im Laufe der Zeit einem steten Wandel. Mit dem Wechsel der Weltanschauung, der Gesellschaftsformen und der Mode veränderten sich das Verhältnis zur Natur und der Gestaltungsstil der Gärten. Ob es sich um den mittelalterlichen Klostergarten oder den Landschaftsgarten der Aufklärung handelt, der Garten ist kontrollierte Natur und gebaute Kultur, je nach Epoche und Stil unterschiedlich umgesetzt.

An den Residenzen des Adels entstanden herrliche Lustgärten, die außer als Orte der Erholung in Verbindung mit der gebauten Architektur als Repräsentationsmittel dienten. Als nach dem Dreißigjährigen Krieg die Bädermode der Antike wieder auflebte, wurden neben den Badeeinrichtungen häufig Parkanlagen geschaffen, die mit Alleen und Promenaden Raum für erholsame Spaziergänge und Konversation boten. Nicht selten verschönerte die Anlage eines Gartens den Badeort und damit häufig die Sommerresidenz des Bauherrn.

Der Kurpark in Bad Nenndorf ist ein solcher Garten, der im Zuge des Badausbaus durch Landgraf Wilhelm IX. von Hessen-Kassel gegen Ende des 18. Jahrhunderts entstanden ist. Die Nenndorfer Anlagen wurden auf der "`Grünen Wiese"' zwischen den damaligen kleinen Dörfern Großen Endorf und Kleinen Endorf von den Architekten und Gartenkünstlern Wilhelms IX. geschaffen. Am Galenberg bot sich ein ideales Gelände zur Anlage eines Landschaftsgartens im englischen Stil. Die Topografie ausnutzend, wurden verschlungene Wege und weite Rasenflächen am Galenberg angelegt. Die Sommerresidenz des Landesherrn zog erlauchtes Publikum an und der "`Schwefelbrunnen Nendorf"' wurde zu einem der Anziehungspunkte im damaligen gesellschaftlichen Leben. Anhand der Entwicklungsgeschichte des Bades und des Parks kann die Bedeutung der Anlage seit der Entstehungszeit am Ende des 18. Jahrhunderts bis zu Beginn des 21. Jahrhunderts abgelesen werden.

Im Laufe der Zeit wandelte sich die Anlage zum Kurpark und erlebte in den vergangenen zweihundert Jahren einige Veränderungen. Besonders die Veränderungen und baulichen Verluste des 20. Jahrhunderts gaben den Autoren den Anlass, den Kurpark Bad Nenndorf im Rahmen eines vierten Studienprojektes am Institut für Grünplanung und Gartenarchitektur unter der Betreuung von Herrn Dr. Michael Rohde am Fachbereich Landschaftsarchitektur und Umweltentwicklung der Universität Hannover, gartendenkmalpflegerisch zu untersuchen. Eine genaue Betrachtung der Veränderungen im Laufe der Zeit anhand von diversen Plänen, Textquellen und Schilderungen lässt analytisch ein Konzept entstehen, das den gartendenkmalpflegerischen Umgang mit der Anlage in der Zukunft zum Inhalt hat. Außerdem wurde für den zentralen Bereich der Esplanade und der Kurpromenade ein Entwurf erarbeitet, der alte Strukturen und neue Ansprüche im denkmalpflegerischen Kontext berücksichtigt.

Die vorliegende Projektarbeit konnte durch die Bereitstellung von Quellenmaterial aus dem Niedersächsischen Staatsarchiv in Bückeburg, dem Niedersächsischen Landesamt für Denkmalpflege in Hannover, der Niedersächsischen Landesbibliothek Hannover, einer umfangreichen Postkartensammlung und anderen diversen literarischen Veröffentlichungen erstellt werden.

Die beiden Autoren bedanken sich bei Herrn Dr. Michael Rohde von der Universität Hannover, der das Projekt betreut hat, und mit Anregungen und Kritik einen wichtigen Beitrag geleistet hat. Des weiteren danken sie Herrn Rainer Schomann vom Niedersächsischen Landesamt für Denkmalpflege, der auf projektbezogene gartendenkmalpflegerische Fragen einging und praktische Anregungen gab.

Ein besonderer Dank gilt Herrn Kurdirektor Hartmut Manthey, der an der Projektarbeit großes Interesse zeigte und den Zugang zu Materialien des Staatsbades Nenndorf gewährte. An dieser Stelle sei ebenfalls all denen gedankt, die freundlicherweise Informationen und Fotomaterial zur Verfügung gestellt und damit das Projekt hilfreich unterstützt haben. Allen voran Frau Rosemarie Börner, die mit ihrer Sammlung historischer Postkarten von Bad Nenndorf half, einen Eindruck von der Vergangenheit der Anlage zu gewinnen. Ebenso wird Herrn Heinz Götze gedankt, der als ehemaliger leitender Gärtnermeister des Staatsbades einen Überblick über die jüngere Entwicklungsgeschichte des Kurparks geben konnte. Darüber hinaus gilt ein Dank den Mitarbeitern des Staatsbades Nenndorf Herrn Andreas Knorr, Leiter der Gärtnerei, und Herrn Wolfgang Okronglowsky, Leiter der technischen Abteilung, für die freundliche Unterstützung.

Henning Dormann 2004-11-24